Prüfantrag der CDU-Fraktion zu gefahrenrechtlichen Auflagen hinsichtlich des Anbaus bestimmter Kulturen in erosionsgefährdeten Hanglagen

07.07.2021

CDU-Fraktion, Mathias Müller
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Hoffmann,

Ergänzend zum Prüfantrag bzgl. der Vorsorgemaßnahmen gegen die Folgen zukünftiger Starkregenereignisse vom 29.06.2021 (vgl. TOP 7.3 der Sitzung des Ortstsgemeinderats Römerberg am 13.07.2021) beantragt die CDU die Prüfung, ob den in den relevanten Flächen tätigen Landwirten u.a. durch gefahrenabwehrrechtliche Vorschriften Auflagen hinsichtlich der Bepflanzung ihrer Anbauflächen gemacht werden können.

Die Schlammabgänge in den Hanglagen in Mechtersheim werden bei Starkregenereignissen durch flach wurzelnde Kulturen begünstigt. Tiefer wurzelnde Kulturen verhindern dagegen eine Geländeerosion oder wirken dieser zumindest entgegen.

Als mögliche Bestimmungen kommen aus meiner Sicht insbesondere die §§ 9 und 69 ff des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes Rheinland-Pfalz (POG) in Betracht.

Beide Ermächtigungsgrundlagen haben einen jeweils anderen Charakter. So lässt die sog. Allgemeinklausel nach § 9 POG Verfügungen zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden Gefahr zu. Für mich stellt sich die Frage, ob für diesen prognostizierten Schadenseintritt eine hinreichend konkrete Bestimmbarkeit von Umständen und Zeit begründet werden kann.

§ 69 regelt den Erlass einer Gefahrenabwehrverordnung. Eine solche besteht für die Ortsgemeinde Römerberg bereits. Gegebenenfalls wäre diese im Hinblick auf den Anbau bestimmter Kulturen auf den landwirtschaftlichen Flächen in den Hanglagen des Ortsteils Mechtersheim zu ergänzen.

In der Anlage habe ich die Gesetzesnormen dargestellt und zu § 9 die gängige Kommentierung (in kursiver Schrift) angefügt.

Mit freundlichen Grüßen

Mathias Müller


Anlage:

§ 9
Allgemeine Befugnisse

(1) Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei können die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, soweit nicht die §§ 9a bis 68 ihre Befugnisse besonders regeln.

Kommentierung:

Generell versteht man unter Gefahr jede Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf erkennbar zu einem Schaden, d. h. zur Minderung eines tatsächlich vorhandenen normalen Bestandes an Lebensgütern durch von außen kommende Einflüsse führen würde (vgl. Preuß. OVG, OVGE 77, 333 [338]; BVerwGE 45, 51 [57]). Für die Feststellung des Bestehens einer Gefahr lässt das (vgl. E 45, S. 51, 57) eine Prognose des zukünftigen Geschehensablaufs nach objektiven Maßstäben genügen. Für die Annahme einer Gefahr ist jedenfalls erforderlich und ausreichend, dass bei einem objektiv festzustellenden Sachverhalt nach der Lebenserfahrung die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht, wenn die Polizei oder die Sicherheitsbehörde nicht einschreitet (vgl. BayVGH, NJW 1979, 2631; OVG Münster, NJW 1980, 956). Diese Prognose ist aus der ex ante- Sicht eines vernünftigen Durchschnittspolizisten zu treffen. Ausschlaggebend ist also der Zeitpunkt des polizeilichen bzw. sicherheitsbehördlichen Handelns (BVerwG DVBl. 1975, S. 888, 889). Dabei muss der Schadenseintritt aber zumindest objektiv wahrscheinlich sein; die bloß subjektive Überzeugung des handelnden Beamten reicht dafür nicht aus. Zwar hängt der Grad der notwendigen Wahrscheinlichkeit von der Bedeutung des jeweils betroffenen Rechtsgutes ab, doch reichen bloße Vermutungen oder die entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts nicht aus. Andererseits ist es wiederum nicht erforderlich, dass der Schadenseintritt gewiss ist oder unmittelbar bevorsteht.

Anmerkung: Problematisch könnte sein, dass die "Im Einzelfall bestehende Gefahr" oder auch "konkrete Gefahr" gefordert ist, die wie folgt definiert ist:

Eine konkrete Gefahr ist die in einem einzelnen Fall bestehende Gefahr. Bei diesem einzelnen Fall handelt es sich um einen durch Zeit, Ort und Umstände klar bestimmten oder bestimmbaren Lebenssachverhalt. ... Sie ist das Gegenteil der abstrakten Gefahr.

§ 69
Erlass von Gefahrenabwehrverordnungen, Zuständigkeit

(1) Die allgemeinen Ordnungsbehörden können zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung Gebote und Verbote erlassen, die für eine unbestimmte Zahl von Fällen an eine unbestimmte Anzahl von Personen gerichtet sind (Gefahrenabwehrverordnungen).

(2) Die Landesordnungsbehörde erlässt Gefahrenabwehrverordnungen für das Gebiet des Landes sowie für Teile davon, wenn mehr als ein Dienstbezirk einer Kreisordnungsbehörde betroffen ist.

(3) Die Kreisordnungsbehörden erlassen mit Zustimmung des Kreisausschusses oder des Stadtrates Gefahrenabwehrverordnungen für ihren Dienstbezirk oder Teile davon. Die örtlichen Ordnungsbehörden erlassen mit Zustimmung des Stadtrates, des Gemeinderates der verbandsfreien Gemeinde oder des Verbandsgemeinderates Gefahrenabwehrverordnungen für ihren Dienstbezirk oder Teile davon. Wird die Zustimmung verweigert, kann die Gefahrenabwehrverordnung der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden, die abschließend entscheidet. In Fällen, die keinen Aufschub dulden, kann die Gefahrenabwehrverordnung ohne vorherige Zustimmung erlassen werden; die Zustimmung ist unverzüglich nachzuholen. Wird im Falle des Satzes 4 die Zustimmung nicht innerhalb von sechs Wochen nach dem Tage der Verkündung der Gefahrenabwehrverordnung ausdrücklich verweigert, gilt sie als erteilt; wird sie verweigert, ist die Gefahrenabwehrverordnung unverzüglich der Aufsichtsbehörde zur abschließenden Entscheidung vorzulegen oder aufzuheben.

(4) Ist eine Angelegenheit durch eine Gefahrenabwehrverordnung einer höheren Behörde geregelt, so darf sie nur insoweit durch eine Gefahrenabwehrverordnung einer nachgeordneten Behörde ergänzend geregelt werden, als die Gefahrenabwehrverordnung der höheren Behörde dies ausdrücklich zulässt.

(5) Eine am 1. Januar 2011 in Kraft befindliche Gefahrenabwehrverordnung eines Ministeriums gilt ab diesem Zeitpunkt als Gefahrenabwehrverordnung der Landesordnungsbehörde.

§ 70
Vorlagepflicht

Gefahrenabwehrverordnungen nach § 69 Abs. 3, in denen eine längere Geltungsdauer als sechs Wochen vorgesehen ist, sind vor ihrem Erlass im Entwurf der Landesordnungsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Wird die Genehmigung nicht innerhalb von einem Monat ausdrücklich verweigert, gilt sie als erteilt. Gefahrenabwehrverordnungen der allgemeinen Ordnungsbehörden, die der Kreisverwaltung nachgeordnet sind, werden über die Kreisverwaltung vorgelegt, die hierzu Stellung zu nehmen hat. In den Fällen des § 69 Abs. 3 Satz 4 ist die Genehmigung unverzüglich nachzuholen; wird sie verweigert, ist die Gefahrenabwehrverordnung unverzüglich aufzuheben.

§ 71
Inhaltliche Grenzen

(1) Gefahrenabwehrverordnungen dürfen nicht lediglich den Zweck haben, den allgemeinen Ordnungsbehörden die ihnen obliegenden Aufgaben zu erleichtern.

(2) Gefahrenabwehrverordnungen müssen in ihrem Inhalt hinreichend bestimmt sein.

(3) Soweit Gefahrenabwehrverordnungen der Landesordnungsbehörde für das Gebiet des Landes überwachungsbedürftige Anlagen oder Gegenstände betreffen, kann in ihnen hinsichtlich der technischen Vorschriften auf die Bekanntmachungen besonderer sachverständiger Stellen verwiesen werden. Die Art der Veröffentlichung dieser Bekanntmachungen ist zu bestimmen.

§ 72
Formerfordernisse, In-Kraft-Treten, Geltungsdauer

(1) Gefahrenabwehrverordnungen müssen

1. eine ihren Inhalt kennzeichnende Überschrift tragen,

2. in der Überschrift als Gefahrenabwehrverordnung bezeichnet werden,

3. im Eingang auf die gesetzliche Bestimmung Bezug nehmen, die zu ihrem Erlass ermächtigt,

4. den örtlichen Geltungsbereich festlegen,

5. soweit die Zustimmung, Genehmigung oder Anhörung anderer Stellen gesetzlich vorgeschrieben ist, die Mitwirkung dieser Stellen angeben,

6. das Datum des Erlasses enthalten und

7. die erlassende Behörde bezeichnen.

(2) Gefahrenabwehrverordnungen sollen eine Bestimmung über das In-Kraft-Treten und die Geltungsdauer, die 20 Jahre nicht überschreiten darf, enthalten. Ist keine Bestimmung über das In-Kraft-Treten enthalten, tritt die Gefahrenabwehrverordnung eine Woche nach dem Tage ihrer Verkündung in Kraft. Ist keine Beschränkung der Geltungsdauer enthalten, tritt die Gefahrenabwehrverordnung 20 Jahre nach ihrem In-Kraft-Treten außer Kraft; dies gilt nicht für ändernde und aufhebende Gefahrenabwehrverordnungen.